Nicht nur die aktuelle erlebt Ausgabe beschäftigt sich mit diesem Thema. Diese Frage scheint ein Dauerbrenner zu sein. Wer sich mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt, wird dieser Frage früher oder später begegnen. Manch einer mag sich gefragt haben, was Jesus wohl darauf antworten würde. Die Frage ist aber nicht neu und wenn wir mal genau nachschauen, finden wir heraus, dass Jesus genau diese Frage beantwortet hat! Man könnte nun hier einwenden, dass sich der Kontext und die Kultur verändert hat, dass deswegen diese Frage heute neu Kontextualisiert beantwortet werden müsse... mag ja sein, aber schauen wir mal was Jesus gesagt hat:
Lukas 10.25-37
Ein Gesetzeslehrer wollte Jesus auf die Probe stellen. »Meister«, fragte er, »was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?« Jesus entgegnete: »Was steht im Gesetz? Was liest du dort?« Er antwortete: »›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit aller deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand!‹ Und: ›Du sollst deine Mitmenschen lieben wie dich selbst!‹« – »Du hast richtig geantwortet«, sagte Jesus. »Tu das, und du wirst leben.« Der Gesetzeslehrer wollte sich verteidigen; deshalb fragte er: »Und wer ist mein Mitmensch?« Daraufhin erzählte Jesus folgende Geschichte: »Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab. Unterwegs wurde er von Wegelagerern überfallen. Sie plünderten ihn bis aufs Hemd aus15, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halbtot liegen; dann machten sie sich davon. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab. Er sah den Mann liegen, machte einen Bogen um ihn und ging weiter. Genauso verhielt sich ein Levit, der dort vorbeikam und den Mann liegen sah; auch er machte einen Bogen um ihn und ging weiter. Schließlich kam ein Reisender aus Samarien dort vorbei. Als er den Mann sah, hatte er Mitleid mit ihm. Er ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn in ein Gasthaus und versorgte ihn mit allem Nötigen. Am nächsten Morgen nahm er zwei Denare aus seinem Beutel und gab sie dem Wirt. ›Sorge für ihn!‹, sagte er. ›Und sollte das Geld nicht ausreichen, werde ich dir den Rest bezahlen, wenn ich auf der Rückreise hier vorbeikomme.‹« »Was meinst du?«, fragte Jesus den Gesetzeslehrer. »Wer von den dreien hat an dem, der den Wegelagerern in die Hände fiel, als Mitmensch gehandelt?« Er antwortete: »Der, der Erbarmen mit ihm hatte und ihm geholfen hat.« Da sagte Jesus zu ihm: »Dann geh und mach es ebenso!«
Was sehen wir in dieser Geschichte? Der Gesetzeslehrer will Jesus herausfordern und stellt ihm eine Frage, die er sehr wohl selber beantworten kann. Als sich Jesus nicht auf eine Auseinandersetzung einlässt hackt er nach: "Wer ist den mein Mitmensch?" Diese Frage hat ein sehr theoretischen Charakter. Sie geht davon aus, dass es eine bestimmte Gruppe gibt, denen gedient werden sollte. Die Frage beginnt nicht bei dem Fragenden selber, sondern bei dem "Anderen". Sie dreht sich nicht um die Handlung des Dienstes oder der Liebe, sondern stellt diese Handlungen in gewissem Sinne in Frage, da sie den Dienst am Nächsten in gewisser Weise relativiert oder zu Mindest auf eine bestimmte Gruppe reduzieren will.
Was tut nun Jesus? Mit Hilfe der Geschichte des Barmherzigen Samariters dreht er die Frage um, beginnt bei Fragenden selber und stellt die Handlung ins Zentrum: "Wer von den dreien hat an dem, der den Wegelagerern in die Hände fiel, als Mitmensch gehandelt?"
Was lernen wir daraus? Es ist nicht so wichtig, wer jetzt wirklich als mein Nächster Bezeichnet werden muss und wer nicht, wichtig ist die Frage:
Wem gegenüber handle ich als Nächster, als Mitmensch??